Fakten und Fragen
Dachschiefergrube Assberg bei Limbach – Fakten und Fragen
Um die historische Bedeutung der Dachschiefergrube Assberg erfassen zu können, muss man wissen, warum hochwertiger Dachschiefer in und um Hachenburg herum, schon sehr früh in großen Mengen benötigt wurde.
Um 1180 herum veranlasste Graf Heinrich II. von Sayn den Bau einer Burg an der Stelle, wo auch heute noch das Schloß Hachenburg weithin sichtbar die Blicke auf sich zieht. Dieses Gebäude sollte den regionalen Machtanspruch des Hauses Sayn demonstrieren. Zugleich war dies der Startschuss für eine wachsende Ansiedlung von Menschen und Bebauung rund um den Burgberg, von der noch heute Kirchen und etliche mittelalterliche Häuser Zeugnis ablegen. Quelle: regionalgeschichte.net
Im Jahr 1222 schenkten Graf Heinrich III. von Sayn und seine Gattin Mechthild von Landsberg dem Zisterzienserorden die Grundherrschaft Nistria im Tal der Nister, zur Gründung des Klosters Marienstatt. Ab 1243 begann der Klosterbau im gotischen Stil. Damit verbunden war auch die Errichtung einer wachsenden Zahl von Wirtschaftsgebäuden für die vielfältigen landwirtschaftlichen Aktivitäten des Ordens. Quelle: Abtei Marienstatt
All diese Gebäude benötigten auch hochwertiges Material zur Dacheindeckung. Zahlreiche Neu-, Aus- und Umbauten im Laufe der Jahrhunderte hielten den Bedarf stets hoch.
Glücklicherweise fand man in der nahen Umgebung unter anderem am Assberg eine große Lagerstätte von hochwertigem Tonschiefer, mit der die Nachfrage dauerhaft befriedigt werden konnte.
Schieferdächer können durchaus 100 Jahre halten. Eher verrosten die verwendeten Nägel, als dass der Schiefer unbrauchbar wird.
Diese wertvolle Quelle von Baumaterial wird erstmals 1548 als Tagebau in einer Urkunde des Kloster Marienstatt erwähnt, die auch belegt, dass die Abbaustätte schon lang genutzt und altbekannt war.
Der Tonschiefer konnte also am Assberg weiträumig zunächst oberirdisch abgebaut werden. Wer meint, nur der verhältnismäßig kleine Untertagebau mache die Grube aus, der verkennt die Dimensionen dieser Lagerstätte. Wer mit offenen Augen den heutigen Treppensteig von der Nister zum Stollen steil emporsteigt, der kann die riesigen Mengen von Material erahnen, die hier im Laufe der Jahrhunderte abgetragen wurden. Auf ca. 240 Meter Länge und bis zu 70 Meter Breite wurde der Dachschiefer gewonnen. Große Abraumhalden säumen den Weg. Konnte man im Tagebau leicht abertausende Kubikmeter Schiefer gewinnen, waren es in der Grube im Verhältnis nur winzige Mengen, zudem unter großen Mühen.
138m³ groß und 20 Meter tief
Wann der 138 m³ große und 20 Meter tief in die Erde reichende Untertagebau am oberen Ende der Lagerstätte entstanden ist, bleibt bis heute unklar. Erstmals wurde er in einem Dokument aus dem Jahre 1885 erwähnt.
Entstand die Grube aus einer bergbaulich begründeten Entscheidung heraus, weil die Ressourcen des Tagebaus erschöpft waren? Oder gaben andere Überlegungen den Ausschlag dafür ihn voranzutreiben?
Einige Indizien geben Anlass zu Spekulationen
– 85 Jahre nach der ersten urkundlichen Erwähnung des Schiefertagebaus, mitten in den Wirren des 30-jährigen Krieges (1618-48), wurde die Abtei Marienstatt von schwedischen Truppen beschlagnahmt und die Mönche wurden von dort vertrieben. Etwa drei Jahre lang war das Kloster und seine Ländereien schwedisches Krongut. Der Zisterzienserorden war, mit heutigen Worten ausgedrückt, ein sehr gewinnträchtiger, international agierender Handelskonzern. Neben den Kirchenschätzen dürften die Marienstätter auch im Besitz von beträchtlichen Summen Geldes/Goldes gewesen sein. Eine fette Beute für die schwedischen Invasoren? Oder hatten die vertriebenen Mönche diese Schätze rechtzeitig in Sicherheit bringen können? Wenn ja, wo wäre ein sicheres Versteck dafür gewesen?
-Wenn man in den Untertagebau hinabsteigt, dann fällt dem aufmerksamen Beobachter schnell der kapellenartige Ausbau der Grube auf. An der Stirnwand, die grob Richtung Marienstatt weist, finden wir vor einer glatten Rückwand etwa in Brusthöhe einen 2,40 m breiten Absatz, der wohl als Reißbank für den gewonnenen Schiefer gedient haben mag. Auf ihr fanden 120-160 Schieferplatten Platz. Mit nur ein wenig Fantasie kann man sich vorstellen, dass diese Fläche auch zu sakralen Zwecken gedient haben könnte. Des weiteren findet sich an einer anderen Stelle, hoch in der Wand, ein eingeritztes Kreuz.
-Aus einem Schreiben an den Königlichen Bergrat in Dillenburg aus dem Jahr 1885 geht hervor, dass der Eingangsbereich des Untertagebaus damals ganz anders aussah, als wir ihn heute kennen. Der Verfasser Ludwig Denker aus Marienberg berichtet, dass er nach dem Wegräumen von Schutt einen Stolleneingang vorfand, der 4 Fuß weit (ca. 1,20m), 6 Fuß hoch (ca. 1,80m) und 4 Meter tief in den Berg hinein gehauen war. Am Ende des Stollens fand er dann einen 20 Fuß (ca. 6m) tiefen Schacht, der in den Untertagebau führte.
– In diesen Zeitraum fällt auch die Bestrafung des Limbachers Friedrich Schneider, der illegal diesen Stollen hat verschwinden lassen, in dem er das seitlich und darüber liegende Gestein zwecks Materialgewinnung für den Hausbau (Grauwacke und Schiefer) abgebaut hat. Aus einer hohen Felswand mit einem schmalen Stolleneingang, wurde also ein grosser Einschnitt mit einem Schacht am Ende, unter freiem Himmel.
Kapellenartige Grube
– Wenn man sich die riesigen Ausmaße des Tagebaus bewusst macht, wo man leicht Dachschiefer abbauen konnte, warum hat man sich dann im Mittelalter(?) die Mühe gemacht in eine Schieferwand einen 4 Meter langen und sehr engen Stollen zu treiben, an dessen Ende man in die Tiefe ging und die kapellenartige Grube (in den Ausmaßen wie wir sie auch heute kennen) auszuheben?
– Erschiene es aus bergmännischer Sicht heraus nicht weitaus plausibler, wenn man seinerzeit an dieser Stelle den Tagebau wie gewohnt weiter vorangetrieben hätte, so wie es Herr Schreiber sehr viel später illegaler weise getan hat?
Die spannende Frage lautet also:
Warum haben die Bergleute vermutlich unter der Oberhoheit des Klosters Marienstatt diesen Untertagebau angelegt?
Tatsächlich ist bis heute ungeklärt, wann der Untertagebau begonnen hat, in dessen Verlauf die Grube entstanden ist. War es so, dass die Bergleute von der Nister aus solange bergauf(?) im Tagebau abgebaut haben, bis die Ader des Schiefers von guter Qualität in der Tiefe verschwand und man so gezwungen war unterirdisch weiterzuarbeiten? Warum wäre man da so verfahren wie oben beschrieben? Ist die Grube mit ihrem engen Zugangsstollen also wohl erst nach einigen hundert Jahren Tagebergbau entstanden?
Andererseits wäre auch denkbar, dass die Grube bereits vor oder zu Zeiten des 30-jährigen Krieges entstanden ist, schon lange bevor der hangabwärts liegende Tagebau vollständig ausgebeutet war.
Es sähe den klugen und reichen Zisterziensern ähnlich, wenn sie sich auf Krisenzeiten mit einem sicheren Versteck vorbereitet hätten. Immerhin hatten sie bis 1568 und wieder ab 1733 die Oberhoheit über den Schieferabbau und konnten die Arbeiten vor Ort nach ihrem Willen lenken.
Wäre es nicht naheliegend gewesen im unübersichtlichen Gewirr eines großen Tagebaus, zwischen Gestrüpp und Schieferabraum ein unterirdisches Versteck mit einem schmalen Zugang anzulegen, der sich leicht tarnen ließ? Für ortsunkundige (schwedische?) Invasoren wäre es sicher nahezu unmöglich gewesen, dieses Geheimnis zu enttarnen.
Wenn man die historische Faktenlage betrachtet, sich die Lage vor Ort genau anschaut und versucht das Ganze in einen plausibel erscheinenden Zusammenhang zu setzen, dann wirft die Existenz der Schiefergrube Assberg Fragen auf, die sich rein bergbaufachlich nicht schlüssig beantworten lassen.
Die Frage nach dem WARUM lässt sich letztlich wohl nicht klären,
bietet aber weiterhin einen schönen Ansatz für Phantasie und Spekulationen.
Ansprechpartner
Martin Schüler
Zertifizierter Natur- und Landschaftsführer Westerwald nach BANU
(Bundesweiter Arbeitskreis der staatlich getragenen Umweltbildungsstätten)
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